Im Gerstelblog, dem Corporate Weblog meines Kunden Gerstel, hatten wir in den letzten Tagen eine ambivalente Arbeit zu tun: Das Schreiben eines Nachrufes auf den Seniorchef und damit auch die Frage, ob und wie Trauerarbeit eigentlich in sozialen Netzwerken geschehen soll.
Trauer ist sehr persönlich.
Konfessionsübergreifend ist Trauer eine sehr persönliche, eine sehr menschliche Angelegenheit. Spätestens dann wird Trauer zur Trauerarbeit, wenn es darum geht, den richtigen Weg zur Vermeldung des Sterbefalles zu wählen. Das ist gerade für ein Unternehmen obligatorisch, denn neben dem Verlust eines Menschen geht es hier auch um die Unternehmenszukunft.
Ein Unternehmen, das eine Führungsperson verliert, muss in seiner Trauerbotschaft auch vermitteln, dass die Weiterführung der Unternehmensgeschäfte gesichert ist. Jegliche Mehrdeutigkeit ist gefährlich, denn es könnte Kunden zur Einschätzung führen, dass das Unternehmen nun möglicherweise führungslos sein könnte. Selbst nach einem vollzogenen Generationenwechsel ist potentiell Raum für solche Gerüchte, die sich am ehesten nur mit einer frühzeitigen und klaren Ansage vermeiden lassen.
Trauer in Medien ist öffentlich.
Was sich in der Überschrift zu diesem Absatz zunächst anachronistisch liest, ist leider in vielen tatsächlich existierenden Lebensumständen von Unternehmen ein echtes Thema. Während bei einer Todesanzeige in einer Zeitung niemand darüber zweifelt, dass so eine Annoncierung öffentlich ist, wird die Frage, ob ein Sterbefall in der Belegschaft in der Unternehmenskommunikation veröffentlicht werden soll, deutlich zurückhaltender beantwortet. Das ist insofern in Ordnung, so lange es sich nicht um eine sehr wichtige Person des Unternehmens handelt.
Üblicherweise sind Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte wichtige Personen und zumindest bei diesen Personengruppen ist in einer modernen Unternehmenskommunikation die Vermeldung eines Todesfalles und die Nachfolgeregelung über die üblichen Kommunikationskanäle ein richtiger Weg.
Trauerarbeit in sozialen Netzwerken.
Soziale Netzwerke leben in vielen Unternehmen mit dem Grundgedanken, vor allem ein positives Bild von Unternehmen oder Produkt zu vermitteln. Dem gegenüber stehen freilich ernstere Themen, die im Zweifelsfall lieber nicht über diese Kanäle kommuniziert werden. Das ist sicherlich nicht völlig falsch, aber auch nicht besonders offen.
Grundsätzlich kommunizierbar sind ernstere Themen über Social-Media-Kanäle, die mit einem offiziellen Charakter modelliert sind und vor allem für reine Unternehmenskommunikation genutzt werden. Hier sollte vor allem darauf geachtet werden, dass nicht jeder Kanal getrennt mit der zu übermittelnden Nachricht bespielt wird, um eine ernste Nachricht auch mit gebotener Würde zu vermitteln. Gerade bei persönlichen Lebensumständen wie eben einem Todesfall ist besonders darauf zu achten, denn es lesen ja auch Kollegen, Kunden und Familienangehörige der verstorbenen Person mit.
Der gangbarste Weg ist eine Pressemitteilung, die dann auf der Website des Unternehmens veröffentlicht wird und gleichzeitig in sozialen Netzwerken mit einem kurzen Hinweis verlinkt wird. Das erzeugt wenig Raum für Spekulationen und bündelt gleichzeitig den Rückkanal auf die Unternehmenskommunikation bzw. den/die Ersteller der Pressemitteilung.
Trauerarbeit im Corporate Weblog.
Trauer in einem Corporate Weblog kann (muss es aber ausdrücklich nicht) darüber hinausgehen und auch eine persönlichere Botschaft des Unternehmens oder des Autoren übermitteln. Hier geht dann die rein sachliche Mitteilung eines Sterbefalles über in einen Nachruf. Zusammen mit einem Foto lässt sich so ein genau der Persönlichkeit des Verstorbenen entsprechender, würdevoller Abschied formulieren.
Auch bei solchen Themen gilt: Einen Weblog-Artikel schreibt immer ein Mensch, keine Gruppe. Aus diesem Grund sollte auch ein Nachruf entweder von einer dem Verstorbenen nahestehenden Personen verfasst werden oder von einem anderen Mitarbeiter. Ein generischer Account oder gar der „Administrator“ sind hier als Verfasser absolut fehl am Platze. Möchte eine Gruppe von Personen einen persönlichen Nachruf unterzeichnen, dann soll sie genau das tun – die Namen der Personen, der Abteilung etc. am Ende des Artikels aufführen.
Der Würde des Verstorbenen entsprechend kann man das „Innehalten“ durch das Herausstellen der Nachricht oder einer Karenzzeit bis zur Veröffentlichung des nächsten, geplanten Weblog-Artikels unterstreichen. Nicht verkehrt ist es auch, einen zu veröffentlichenden Nachruf genauer als sonst üblich auf Fehler in Fakten der verstorbenen Person und auf Rechtschreibfehler zu überprüfen.
Kondolenzbuch – ja oder nein?
Ähnlich wie Gästebücher – meist eine echte Unsitte in einer professionellen Online-Präsenz – gibt es auch Online-Kondolenzbücher, in der sich, je nach Ernsthaftigkeit des Dienstes, Trauernde nicht nur eintragen können, sondern ihre Kondolenz auch in soziale Netzwerke sharen oder gar virtuelle Kerzen anzünden können.
Für all diese Spielereien gilt: Kann man machen, muss man aber nicht. Gerade soziale Netzwerke und auch Corporate Weblogs bringen von Hause aus Kommentarmöglichkeiten mit und wer persönlich kondolieren möchte, schreibt eine E-Mail an eine zu vereinbarende E-Mail-Adresse (die man am Ende eines Nachrufes dann nennen kann).